BVB vs. RBL

"Zweite Kraft" in Deutschland: Wie Leipzig und Dortmund bereits gleichauf liegen

Borussia Dortmund droht, seinen Status als Deutschlands Nummer zwei an RB Leipzig zu verlieren.
Borussia Dortmund droht, seinen Status als Deutschlands Nummer zwei an RB Leipzig zu verlieren. Foto: Imago

BVB-Boss Hans-Joachim Watzke tut sich wohl immer schwerer damit, die Zeichen der Zeit im deutschen Fußball zu erkennen. Nach und nach fällt sein Klub sportlich und wirtschaftlich zurück. Dennoch beharrt Watzke darauf, dass der BVB die "zweite Kraft" im deutschen Fußball sei. Eine Gegenüberstellung:

Welche Kriterien nimmt man zur Hand, um zu ermitteln, ob Borussia Dortmund hinter Bayern München die "zweite Kraft" im deutschen Fußball ist? Selbst unter Experten dürfte die Analyse zu unterschiedlichen Wegen und Ergebnissen führen. Es sei versucht, die Analyse so sportlich wie möglich zu halten.

Punktezahl

RB Leipzig hat seit seiner Bundesliga-Zugehörigkeit 2016/17 bis heute genau einen Punkt weniger geholt als Borussia Dortmund (302:303). Wenn also Leipzig am Samstag das Auswärtsspiel beim SC Freiburg gewinnt und Borussia Dortmund bei Bayern München nur ein Remis holt, dann liegt Leipzig der Punktezahl nach vor Dortmund. Bei einem Zeitraum von über vier Jahren ein sehr nachhaltiger Wert. Das faire Urteil: Beide Teams befinden sich beim Punktesammeln auf ähnlichem Niveau.

Abschneiden im DFB-Pokal

Im DFB-Pokal liegen in Gesamtsumme gesehen beide Teams fast gleich auf seit 2016/17. Dortmund gewann 2017 den DFB-Pokal, während Leipzig in der ersten Runde ausschied. 2017/18 flogen beide Klubs nacheinander knapp gegen Bayern München aus dem Wettbewerb. In der Saison darauf schied Dortmund im Achtelfinale aus, RB Leipzig scheiterte erst im Finale an Bayern München. 2019/20 war für beide Teams das Achtelfinale Endstation, nun sind beide Klubs im Halbfinale vertreten.

So kann man festhalten: Der BVB liegt im Pokal noch einen Tick vorne, weil er 2016/17 im Halbfinale den FC Bayern besiegt und dann das Finale gegen Eintracht Frankfurt gewonnen hat. Die Leipziger konnten ihr Finale gegen die Münchner 2019 nicht gewinnen. Sollte aber womöglich Leipzig, das derzeit stärker einzuschätzen ist, in dieser Saison den Pokal holen, wäre auf fünf Jahre gesehen erneut die Augenhöhe komplett hergestellt.

Abschneiden im Europapokal

Im Europapokal neigt das Pendel einen Tick Richtung RB Leipzig, denn es hat 2020 das Halbfinale der Champions League erreicht. 2017/18 kamen die Leipziger zudem ins Viertelfinale der Europa League, die Dortmunder nur ins Achtelfinale. 2018/19 hatten beide Teams wenig Erfolg, Dortmund schied im Achtelfinale der Königsklasse aus, RB wurde in der Gruppenphase der Europa League nur Dritter. 2019/20 scheiterten beide Teams in der Königsklasse an Paris Saint-Germain, der BVB im Achtelfinale, RB im Halbfinale. Nun sind beide deutschen Teams im Achtelfinale. Ein Vorrücken ins Viertelfinale wirkt nach den Achtelfinal-Hinspielen für Dortmund (3:2 gegen Sevilla) wahrscheinlicher als für Leipzig (0:2 gegen Liverpool).

Direkte Duelle gegen den FC Bayern

Bei den direkten Duellen gegen den FC Bayern liegt RB Leipzig im Vergleich mit Dortmund seit 2016/17 in der Bilanz klar vorne - und dieser Punkt dürfte für die Dortmunder besonders schmerzlich sein. Unter den aktuellen Bundesligisten besitzt Bayern München nur gegen RB Leipzig seit 2016/17 eine Siegquote von unter 50 Prozent. Die Bayern konnten nur vier ihrer neun Duelle gegen Leipzig gewinnen - ein sensationeller Wert für einen Bayern-Gegner in dieser so dominanten Zeit der Münchner. Der BVB verlor dagegen sieben seiner neun Duelle in diesem Zeitraum gegen den FC Bayern, zeitweise mit beschämenden Ergebnissen wie 0:6 oder 0:5. Besonders wenn der BVB in München antritt, scheinen individuelle Qualität, taktisches Gespür und Erfahrung zu fehlen, um Deutschlands Branchenprimus Paroli bieten zu können. Ganz anders die Leipziger, die im Winter 2020 durchaus auch in der Allianz Arena hätten gewinnen können, sich letztendlich aber mit einem Remis begnügen mussten.

Marktwerte der Spieler

Auch in Sachen Marktwerte kann Leipzig womöglich schon bald den BVB überholen. Im Schnitt ist ein BVB-Profi laut transfermarkt.de 20,45 Millionen Euro wert, ein Leipzig-Profi im Schnitt 19,96 Millionen Euro. Jeder Leipzig-Profi ist quasi nur noch 500.000 Euro an Marktwert von den Kollegen beim BVB entfernt - und die Zeit spielt für RB, denn die Sachsen stellen die zweitjüngste Mannschaft der Bundesliga mit einem Altersschnitt von 24,4 Jahren. Die Dortmunder, die fälschlicherweise seit Jahren als "junge" Mannschaft gehypt werden, befinden sich im Tabellenmittelfeld mit einem Altersschnitt von 25,4 Jahren. Der RB-Profi ist im Schnitt demnach ein ganzes Jahr jünger!

So kann man eher zu dem Fazit kommen, dass der BVB froh sein kann, sich sportlich noch auf Augenhöhe mit RB Leipzig zu befinden.

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Daniel Michel  
05.03.2021