WM-Kader
3 Gründe, warum Flick Hummels wirklich ausgebootet hat

Hansi Flick hat viele damit überrascht, Mats Hummels nicht mit zur WM nach Katar zu nehmen. Ist es nur der Faktor "Alter", wie der Bundestrainer sinngemäß über den Abwehrchef von Borussia Dortmund angibt? Wohl kaum.
"Wir haben uns für einen jüngeren Spieler entschieden, nicht gegen Mats", stellte Flick in Sachen WM-Kader klar und fügte an: "Wir haben uns für die Mannschaft entschieden. Mats kann jeder Mannschaft gut tun und trotzdem galt für uns der Blick dann eher der Zukunft." Will heißen: Hummels ist zu alt für die Nationalmannschaft und jüngere Spieler wie Armel Bella-Kotchap sollen Turniererfahrung sammeln, um bei späteren Events ihren Höhepunkt an sportlicher Qualität zu erreichen.
Zunächst gilt als oberste Prämisse für einen Bundestrainer, die aktuell besten Spieler in Deutschland zu nominieren. Und es dürfte für niemand ein Zweifel bestehen, dass ein "Fehlerteufel" und gelernter Innenverteidiger wie Thilo Kehrer (Bericht) im Vergleich zu Weltmeister Mats Hummels die schlechtere Wahl ist. Ebenso spielt Hummels' Teamkollege Nico Schlotterbeck in Topspielen noch sehr fehlerhaft. Er hat schon mehrere Elfmeter verursacht, weil ihm die Handlungsschnelligkeit auf Topniveau fehlt. Die SZ bezeichnete Schlotterbeck schon als "Elfer-Tölpel".
Viele Nationaltrainer ziehen bei schwierigen Teamaufstellungen das Argument des Alters beziehungsweise der Zukunft heran, um den Fakt zu umgehen, dass man eben nicht die besten Spieler mitnimmt. Oftmals stecken hinter einer Nicht-Nominierung von Topstars noch andere Gründe.
Bei Hummels sind neben dem Faktor Alter drei Gründe nicht unerheblich:
1. Machtanspruch
Hummels ist in Dortmund Abwehrchef, er schnauzt seine Mitspieler bei schlechten Leistungen auch in der Öffentlichkeit an und Gerüchten zufolge führt der Vize-Kapitän, der vor seinem Abstecher zum FC Bayern schon mal Kapitän in Dortmund war, auch intern ein hartes Regiment, das nicht bei allen Mitspielern gut ankommen soll. Nun hat Deutschland tatsächlich viele junge Spieler, die womöglich mit der harten Art von Hummels nicht umgehen können, zudem ist Real Madrids Toni Rüdiger in den vergangenen Monaten zum Abwehrchef des DFB-Teams aufgestiegen. Hätte Flick bei der WM nun auf Hummels gesetzt, wäre mindestens Rüdiger, der wiederum als "Spaßvogel" im Team gilt, degradiert worden. Eine schwierige Machtkonstellation auf die Flick offenbar keine Lust hatte.
2. Tempo
Mats Hummels ahnt zahlreiche Spielsituation voraus, weshalb er vor allem in Dortmund eine große Schwäche kaschieren kann: sein Sprinttempo. Er selbst betont, dass er zwar nicht der Schnellste sei, aber schon einen gewissen Speed besitze. Doch auf internationalem Topniveau, wenn Stürmer und Verteidiger oftmals auf 34 bis 36 km/h kommen, wird Hummels auf Dauer mit Antizipation nicht mehr weit kommen. Hummels liegt bei Sprints meist eher bei 32 bis 33 km/h, schnelle Verteidiger kommen im kurzen Sprint auf 34 bis 35 km/h. Von Topteams wie Frankreich, Brasilien und Spanien könnte das gegen Deutschland schnell und effizient ausgenutzt werden, zumal Flick einen sehr offensiven Stil spielen lassen will. Verteidiger müssen enorm hoch stehen - und wenn ein Fehler passiert, hätte Hummels in Laufduellen von der Mittellinie an gegen Kylian Mbappe und Co. nahezu keine Chance.
3. Verletzungsanfälligkeit
Mats Hummels hat zudem immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, auch wenn er unter anderem durch eine Ernährungsumstellung sich derzeit in sehr guter Verfassung befindet. Doch die letzten zwei Saisons zusammengenommen, stehen 171 Fehltage bei Hummels zu Buche (Auflistung von transfermarkt.de). In der Hitze von Katar und in einem eng getakteten Turnierplan, ist bei verletzungsanfälligen Spielern wie Hummels schnell wieder eine Zwangspause möglich.
Es ist natürlich klar, dass Bundestrainer Hansi Flick in der heutigen Medienwelt nicht mehr so offen über die Beweggründe von Nicht-Nominierungen sprechen kann, wie das Bundestrainer noch in den 1970er und 1980er Jahren getan haben. Niemand sollte aber glauben, dass der 33 Jahre alte Mats Hummels nur aufgrund seines Alters nicht nach Katar mitgenommen wird beziehungsweise Spielern wie Thilo Kehrer, Matthias Ginter oder Nico Schlotterbeck "die Zukunft gehört". Es dürfte die Mischung aus Machtanspruch / Konstellation Teamhierarchie, Tempofußball / Taktik und körperliche Robustheit gewesen sein, die letztendlich zur Ausbootung von Mats Hummels in der deutschen Nationalmannschaft geführt haben.
