Schiedsrichterfehler
Nach Streich-Wutrede: Wo Schiedsrichter noch inkonsequent handeln

Der SC Freiburg ist gegen Juventus Turin aus der Europa League ausgeschieden. Der Frust danach war groß. Trainer Christian Streich setzte zur Wutrede gegen das unfaire Zeitspiel des Gegners an. Doch nicht nur in diesem Bereich handeln Schiedsrichter erstaunlich inkonsequent.
"Eine Mannschaft, die gefoult wird, hat einen Nachteil", sagte Streich am Donnerstagabend nach dem 0:2 (0:1) des SC Freiburg im Achtelfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin und führte aus: "Bei einem Foul sollte keiner den Ball berühren dürfen. Wer es tut, kriegt die Gelbe Karte. Es wird alles sanktioniert, das aber nicht - international und in der Bundesliga auch. Das ist mir vollständig rätselhaft." Streich brachte einen Vorschlag aus dem Handball ein, um das Problem zu lösen: "Warum wird das nicht gemacht, wie im Handball? Wenn ein Spieler der anderen Mannschaft den Ball nach einem Foul in die Hand nimmt, soll er Gelb kriegen. Das geht dann drei Wochen, danach macht das niemand mehr." Er begründete: "Wer profitiert davon? Der Fußball, weil das Spiel fortgesetzt werden kann und so Fairness entsteht."
Streich liegt im Clinch mit einigen Schiedsrichtern
Nun ist Christian Streich nicht gerade der Prototyp eines Fairplay-Trainers, in seiner Coaching Zone benimmt er sich oftmals daneben und hat Glück, dass ihn die deutschen Schiedsrichter trotz einiger Wutausbrüche meist mit seinem Verhalten tolerieren. Doch in diesem vorgebrachten Punkt kann man Streich nicht widersprechen: National wie international wird das Ballwegschleppen und Zeitspiel sehr selten geahndet. Dabei ist es oftmals keine Lapalie: Jede Sekunde zählt, damit sich eine zurückeilende Mannschaft zum Beispiel defensiv wieder gut ordnen kann, um einen schnellen Konter zu unterbinden. Taktische Fouls im Mittelfeld plus das Ballwegschleppen sind ein bewährtes Mittel dazu. Es liegt am Schiedsrichter, diesem Vorgehen Einhalt zu gebieten.
Es ist jedoch nicht das einzige Problem der Schiedsrichterzunft derzeit. Um fehlende Persönlichkeiten auf dem Platz und uneinheitliche sowie praxisferne Entscheidungen bei Handspielen wird ohnehin ausgiebig diskutiert. Hinzu kommt, dass die Schiedsrichter einfachste Regeln nur selten konsequent umsetzen. Unter anderem gehören dazu:
Achtung in der Coaching Zone!
Regelmäßig verlassen "Rumpelstilzchen"-Trainer wie Christian Streich, Julian Nagelsmann (FC Bayern) und Marco Rose (RB Leipzig) ihre Coaching Zone, um unter anderem auch gegen den Schiedsrichter zu hetzen. Dabei ist die praktische Handhabung dazu ganz simpel: Wird die Zone einmal übertreten gibt es einen Hinweis des 4. Offiziellen an den Trainer, auf das Einhalten der Zone zu achten. Beim zweiten Mal folgt eine Ermahnung, beim dritten Mal eine Verwarnung - schon hat man nach zehn Minuten von den "Rumpelstilzchen"-Trainern seine Ruhe und alles regelkonform umgesetzt. In der Praxis lassen die Schiedsrichter den Coaches aber viel Freiraum - und wenn es dann in Halbzeit zwei zur Sache geht, gibt es teilweise schon chaotische Verhältnisse auf der Trainerbank, weil eben kein Schiedsrichter rechtzeitig durchgegriffen hat.
"Sechs-Sekunden-Regel" wird ignoriert
Eine der am häufigsten missachteten Regeln der Schiedsrichter selbst ist die "Sechs-Sekunden-Regel". In Regel 12 steht: "Ein indirekter Freistoß wird gegeben, wenn ein Torhüter innerhalb des eigenen Strafraums den Ball mehr als sechs Sekunden lang mit der Hand/dem Arm kontrolliert, bevor er ihn freigibt." In nahezu jedem Bundesligaspiel wird diese Regel mehrfach missachtet. Besonders in der 2. Halbzeit halten Torhüter den Ball auch gerne mal 12 bis 15 Sekunden in der Hand, um ein bisschen Zeitspiel zu betreiben.
Falsche Spielfortsetzungen
Ebenfalls eine beliebte Regelmissachtung: Bei einem Eckball auf der Seite, wo der Schiedsrichterassistent nicht direkt dahinter steht, wird der Ball gar nicht mehr auf den Viertelkreis gelegt. Es wird um jeden Zentimeter gefeilscht und der Ball weiter nach vorne gelegt, um den Eckball zielgenau im Strafraum an den Mann zu bringen. Der Hauptschiedsrichter müsste hier eingreifen, tut es in der Regel wegen den "paar Millimetern" aber meist nicht. Dabei ist das kein Kavaliersdelikt. Liegt der Ball beim Eckball gar nicht auf der Viertelkreis-Umrandung, dann wird das Spiel nicht korrekt fortgesetzt. Fällt dadurch ein spielentscheidendes Tor kann die unterlegene Mannschaft danach theoretisch sogar Einspruch einlegen und eine Spielwiederholung beantragen. Praktisch macht das keiner, theoretisch steckt in dieser Regel aber viel Sprengstoff. Das berühmteste Beispiel dazu stammt aus der Bundesligasaison 2011/12. Im Topspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern erzielten die Dortmunder mit einer inkorrekten Spielfortsetzung nach Eckball von links das 1:0 - ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur bislang letzten deutschen Meisterschaft des BVB.
