2. Bundesliga

Roundup: St. Pauli mit klarem Derbysieg in Überzahl, Fürth verschenkt Dreier

Schonlau flog für einen Schubser an Amenyido vom Feld. Foto: Getty Images
Schonlau flog für einen Schubser an Amenyido vom Feld. Foto: Getty Images

In den Freitagspartien des 12. Spieltags der 2. Bundesliga stand das Stadtderby zwischen dem FC St. Pauli und dem Hamburger SV im Fokus. Die Kiezkicker holten dabei nach über einstündiger Überzahl einen klaren Heimsieg (3:0). Im Parallelspiel gab die SpVgg Greuther Fürth im Abstiegskampf gegen Hansa Rostock einen Dreier spät aus der Hand (2:2).

Am Millerntor bewiesen die Hausherren bereits binnen weniger Minuten, dass die These stimmt: Die Formtabelle spielt in Derbys wirklich keine Rolle. Denn die Boys in Brown als aktueller Tabellen-14. waren dem Spitzenreiter der 2. Liga von Beginn an ebenbürtig und hätten durchaus in Führung gehen können: Etienne Amenyido zielte nach Vorlage von Manolis Saliakas allerdings zu zentral auf den Kasten von Daniel Heuer Fernandes (16.). Zuvor hatte Ludovit Reis den ersten Abschluss der Partie aufseiten der Gäste verbucht (11.). Bei der nächsten Angriffssituation des HSV verhinderte Robert Glatzel mit einem Flugkopfball einen mutmaßlich gefährlicheren Versuch des hinter ihm heranrauschenden Moritz Heyer (19.). Insgesamt war das Derby wenig überraschend von hoher Intensität geprägt und spielte sich viel zwischen den Strafräumen ab. Aus dem Nichts ereilte sich dann die letztlich wohl spielentscheidende Szene. Die Abwehr des HSV ließ einen langen Schlag von Keeper Robert Vasilj passieren, übersah dabei Etienne Amenyido, der sich auf und davon machte. Sebastian Schonlau nahm die Verfolgung auf und schubste den Angreifer leicht, der den Kontakt dankend annahm.

Schiedsrichter Deniz Aytekin sah den Tatbestand der Notbremse erfüllt: Eine durchaus harte, aber regeltechnisch sicher korrekte Entscheidung, die dem HSV mehr als eine Stunde in Unterzahl in Aussicht stellte (28.). Den Gastgebern schien die numerische Überzahl zunächst aber nur wenig zu helfen, denn gegen neun HSV-Feldspieler fand St. Pauli kaum mal eine Lücke. Erst kurz vor der Pause gelang ein starker Angriff, der auch die Führung hätte bedeuten können. Eine Flanke von Leart Paqarada von links verlängerte Igor Matanovic clever mit dem Außenrist, die Kugel aber klatschte vom Pfosten zurück ins Feld, wo Jackson Irvine knapp nicht zum Nachschuss kam (44.). So ging es ohne Tore in die Kabinen, womit der HSV angesichts des Platzverweises naturgemäß eher einverstanden war als die St. Paulianer.

Nach dem Seitenwechsel schien sich der Hausherr besser auf die Überzahl einzustellen und setzte den HSV stärker unter Stress. Jakov Medic per Kopf und Paqarada mit einem strammen Schuss kamen zu ersten nennenswerten Gelegenheiten auf das Führungstor, das gewissermaßen in der Luft lag (53., 54.). Nach einer Stunde war es so weit: Marcel Hartel zog eine Ecke scharf ins Zentrum, wo Eric Smith am höchsten stieg und zielgenau köpfte (61.). In der Folge wurde die Partie immer hitziger, immer wieder kam es zu Diskussionen und bisweilen bildeten sich auch Rudel beider Teams. Viel Fußball wurde in dieser Phase nicht gespielt, eine schnelle Antwort des HSV konnte es so nicht geben. Stattdessen legte St. Pauli nach: Afeez Aremu verlagerte nach rechts, wo Saliakas den durchstartenden Jackson Irvine einsetzte. Dessen Rückpass ins Zentrum verpasste Matanovic noch, der hinter ihm postierte Hartel schob dann aber überlegt flach zum 2:0 ein (74.).

Ein Comeback war dem dezimierten HSV nach menschlichem Ermessen kaum zuzutrauen, eher drohten die sich öffnenden Räume ein drittes Tor für die Gastgeber zu produzieren. David Otto besorgte es per Kopf nach Flanke des ebenfalls eingewechselten Lars Ritzka kurz vor Ende der regulären Spielzeit (89.).

Der FC St. Pauli macht einen schwachen Saisonstart mit dem Derbysieg zu einem guten Teil wett und verbessert sich tabellarisch vorläufig auf Rang zehn. Dem Hamburger SV droht durch die erste Niederlage nach saison- und wettbewerbsübergreifend zehn Auswärtssiegen am Stück der Verlust der Tabellenführung am Samstag.

Fürth verschenkt Sieg spät

Im Parallelspiel wollte die SpVgg Greuther Fürth daheim mit einem Sieg einen direkten Abstiegsplatz verlassen und den Anschluss ans Tabellenmittelfeld wiederherstellen. Hansa Rostock machte da zunächst aber nicht mit, im Gegenteil waren die Gäste von der Ostsee in der Anfangsphase klar überlegen. John Verhoek und Lukas Hinterseer vergaben jeweils per Kopf das durchaus verdiente frühe 1:0 für die Hansa-Kogge. Fürth hatte offensiv wenig entgegenzusetzen, konnte sich aber wie so oft auf den Kapitän verlassen: Branimir Hrgota erzielte aus dem sprichwörtlichen Nichts das 1:0 für das Kleeblatt (20.). Dabei nagelte der Schwede einen von Damian Roßbach unzureichend geklärten Flankenball aus der Distanz sehenswert in die Maschen. Der Stürmer setzte in der Folge zu einer regelrechten One-Man-Show an, ließ erst mit einem nächsten Distanzkracher die Latte wackeln (36.) und scheiterte tief in der Nachspielzeit aus kurzer Distanz an Markus Kolke (45.+6). Hansa wirkte in dieser Phase aus dem Konzept gebracht, dies allerdings durchaus verständlicherweise. Denn Rostock musste bereits vor dem Pausenpfiff drei von vier Verteidigern ersetzen. Erst stießen Anderson Lucoqui und Nico Neidhart mit den Köpfen aneinander (31.), dann zog sich Roßbach offenbar eine Muskelverletzung zu (45.+8).

Mit dem Rückstand und drei Verletzungen war es für Hansa eine denkbar schlechte 1. Halbzeit, während Fürth sich wohl ärgerte, nach dem 1:0 nicht nachgelegt zu haben. Im zweiten Durchgang blieb das spielerische Niveau der Partie zunächst überschaubar, beide Teams zeigten jedoch großen Einsatz, der bisweilen über die Grenzen des Regelwerks hinausging. Ein Tor konnte so eigentlich nur nach Standardsituation fallen, und so kam es auch. Nach Ecke von links rangelten im Strafraum mehrere Profis miteinander, Lukas Fröde konnte so recht problemlos zum Ausgleich für die Gäste einnicken (57.). Die Freude währte allerdings nicht lang, weil Fürth über rechts durchbrach. Simon Asta flankte in die Mitte, wo sich Ragnar Ache von seinem Gegenspieler Ryan Malone löste und per Kopf die Führung wiederherstellte (60.).

Kurz darauf schwächte sich Rostock selbst, Verhoek sah für einen Ellbogeneinsatz im Gesicht von Max Christiansen Gelb-Rot (62.). Durch den nun auch numerischen Vorteil gelang es Fürth in der Folge, das Geschehen beinahe nach Belieben zu bestimmen. Die Franken legten es dabei nicht zwingend auf ein drittes Tor an, sondern übten totale Kontrolle aus und drehten so gewissermaßen an der Uhr. Joker Afimico Pululu ließ die endgültige Entscheidung beinahe grotesk aus, jagte den Ball aus kurzer Distanz meilenweit übers Tor in den Abendhimmel (88.). Es rächte sich in der Nachspielzeit, weil Christiansen beim Versuch, infolge eines ruhenden Balls zu klären, Svante Ingelsson im Strafraum umhaute und es so spät aus elf Metern die große Chance zum Ausgleich gab. Malone übernahm die Verantwortung und zielte genau ins rechte untere Eck (90.+3).

Die SpVgg Greuther Fürth gab also einen eigentlich sicheren Sieg noch aus der Hand, verpasst so auch einen großen tabellarischen Sprung. Hansa Rostock kann mit dem Punkt in Unterzahl sicher erheblich besser leben.

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Lars Pollmann  
14.10.2022