Nachfolger aus Leipzig

Eintrachts neuer Sportboss: Was Krösche Bobic schon voraus hat

Markus Krösche (r.) folgt als Sportvorstand in Frankfurt auf Fredi Bobic.
Krösche (r.) folgt in Frankfurt auf Bobic. Fotomontage: Imago/fussball.news

Mit Markus Krösche hat Eintracht Frankfurt den Nachfolger für Fredi Bobic, der zu Hertha BSC wechseln wird, gefunden. Sowohl intern als auch im Umfeld der Hessen spricht man von einer Toplösung. Bobic hat in den vergangenen Jahren durchaus beachtliche Fußstapfen hinterlassen, doch in manchen Dingen ist Krösche ihm schon jetzt voraus.

Von der Eintracht berichtet fussball.news-Reporter Benjamin Heinrich

Als Fredi Bobic 2016 bei Eintracht Frankfurt den Posten als Sportvorstand antrat und damit auf den damaligen Vorstandsboss Heribert Bruchhagen folgte, waren die Vorbehalte gegenüber dem ehemaligen Bundesliga-Stürmer groß. Der damalige Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing kämpfte bei der Installation des heute 49-Jährigen auch gegen interne Widerstände. Beim VfB Stuttgart war er mehr als eineinhalb Jahre zuvor nicht gerade geräuschlos entlassen worden. Das hatte diverse Gründe, beim Anhang der Schwaben war aber neben der sportlichen Krise vor allem Bobics Außendarstellung ein großer Kritikpunkt. 

Bobic-Abgang als Chance

In Frankfurt musste er sich in der Folge das Vertrauen der Fans hart erarbeiten - was ihm auch gelang. Nicht primär mit Sympathien, aber mit Erfolg. Bei der Eintracht reifte Bobic zu einem der Topmanager im Profifußball, führte den Bundesligisten, der vor seiner Verpflichtung dem Abstieg gerade so von der Schippe sprang, zum Pokalsieg 2018 und zweimal in die Europa League. Dass der Klub intern so professionell aufgestellt ist, gerade im sportlichen Bereich, ist zu großen Teilen sein Verdienst. Bobic war der richtige Mann zur richtigen Zeit für die Eintracht.

Er drehte bei den Hessen jeden Stein zweimal um, ordnete dem Erfolg alles unter. Dabei war er stets ein Businessmensch, zeigte sich häufig unnahbar, im Inneren, aber vor allem auch gegenüber der Öffentlichkeit, blieb aber bis zu seinem Abgangsszenario immer professionell. Die große Identifikation mit der Eintracht? Sie blieb aus und war auch nicht sein Ziel. Als Steubing ihn 2016 inthronisierte war allen Beteiligten bewusst, dass Bobics als Projekt angelegte Zeit in Frankfurt begrenzt sein würde. Dass sein öffentlich kommunizierter Wechselwunsch Anfang März in der ARD für solch eine Unruhe im Umfeld sorgte, ist letztlich ein Ausdruck von Wertschätzung gegenüber seiner Arbeit. Intern, wo Bobic mit seiner resoluten Art durchaus auch aneckte, sah und sieht man den Abgang des ehemaligen Nationalspielers, der sein nächstes Projekt Hertha BSC schon gefunden hat, auch als Chance. 

Krösche überzeugt mit Fach- und Sozialkompetenzen

Als die Chance, mit einem entwicklungsfähigen und aufstrebenden Sportchef den nächsten Entwicklungsschritt zu machen. Auch deshalb war Markus Krösche von Beginn an einer der Topkandidaten bei Aufsichtsratschef Philip Holzer, der die Suche nach einem Bobic-Nachfolger verantwortete. Nach ersten Gesprächen im März rückte er immer mehr an die Favoritenrolle. Krösches sportlicher Erfolg, der mit dem SC Paderborn als Geschäftsführer Sport den Durchmarsch von der 3. Liga und die Bundesliga schaffte und RB Leipzig als Sportdirektor ins Halbfinale der Champions League führte, beeindruckte zweifelsohne. Noch überzeugender waren aber vor allem dessen Kompetenzen und Fähigkeiten, die über das rein Sportliche hinausgehen. Mit seinen 40 Jahren hat Krösche schon ein BWL-Studium absolviert, konnte in den Sondierungsgesprächen deshalb mit betriebswirtschaftlichen Fragen zur Abschreibung von Handgeldzahlungen bei Holzer punkten, die dem Aufsichtsratsboss in der Form laut eigener Aussage kein anderer Kandidat stellte.

Ebenfalls überzeugte aber auch die hohe Sozialkompetenz und Empathiefähigkeit des ehemaligen Mittelfeldspielers. Während Bobic nur selten "menschelte", lieber distanziert blieb, bringt Krösche eine andere Note mit. Er blickt gerne hinter den Fußballer, hinter den Mitarbeiter und betrachtet den Menschen, Holzer bezeichnete ihn gar liebevoll als "Menschenfänger". Ein hoher Wert in einem Verein wie Eintracht Frankfurt sein will und ist. Dass er darüber hinaus auch die Fußballlehrer-Lizenz besitzt, schon als Trainer gearbeitet hat und entsprechend auch diese Perspektive kennt und versteht, kommt noch hinzu.

Führungsstil Vertrauen

Krösches Führungsstil beruht primär auf Vertrauen und Identifikation. In einer Podiumsdiskussion auf der SPOBIS im Frühjahr 2020 sagte er: "Ich verteile Verantwortung. Jeder ist in seinem Bereich verantwortlich. Sie bekommen von mir das Vertrauen, die Dinge so anzugehen, wie sie es haben möchten. Jeder hat die Möglichkeit frei zu gestalten. Sie können eigenverantwortlich in den Abteilungen arbeiten und sollen versuchen sich weiterzuentwickeln." Bei RB Leipzig, wo er zum Zeitpunkt des Gespräches arbeitete, hatte er rund 100 Mitarbeiter, für die er sich verantwortlich zeichnete. Sein großes Credo dabei: "Für mich ist es so, dass ich Mitarbeitern versuche Vertrauen zu geben. Aus Vertrauen und Verantwortung entsteht Motivation und darüber Identifikation und darüber wiederum Weiterentwicklung." Gleichzeitig bedeute die Selbständigkeit seiner Mitarbeiter kein Autoritätsverlust seinerseits: "Wenn sie eine Entscheidung haben müssen und sie nicht treffen wollen, können sie jederzeit zu mir kommen. Ich werde sie treffen. Ob sie dann falsch oder richtig ist, weiß ich nicht. Ich bin aber jemand, der Verantwortlichkeiten verteilt, weil ich nicht in der Lage bin, jede Entscheidung zu treffen."

Weiterentwicklung als Lebensmotto

Das Thema Weiterentwicklung ist für Krösche ein Herzensanliegen, über das er gerne spricht. Ob in Sachen Führungsmanagement, bei Transferstrategien oder in Spielergesprächen. Aber auch bei sich selbst. Für seine persönliche Entwicklung wählte er den Weg zu RB Leipzig, raus aus seiner Paderborner Komfortzone, wo er als Spieler und Kapitän, nicht ganz so erfolgreich wie Nationalspieler Bobic, seine gesamte Profikarriere verbrachte und nach seiner Co-Trainertätigkeit bei Bayer Leverkusen als Geschäftsführer Sport zurückkehrte. Bewusst wählte er den auf Funktionärsebene vermeintlichen Schritt zurück als Sportdirektor, um in einem Umfeld wie Leipzig es bietet, Erfahrung zu sammeln und sein Netzwerk auszubauen, auch weil der damalige Sportchef Ralf Rangnick ihn unbedingt wollte.

Bewusst wählte er nun auch den Schritt zu Eintracht Frankfurt, wo er seine Funktion möglicherweise auf dem sportlichen Höhepunkt des Klubs antritt. Dass er sich davor, wie andere Kandidaten, nicht scheute, überzeugte die Verantwortlichen ebenfalls. Die wiederum sehen in ihm eine potentielle Identifikationsfigur, die in der Eintracht mehr als nur ein Projekt sieht, die Vereins-DNA vielmehr verinnerlichen und leben kann, sich mit Fanbelangen auseinandersetzt und sich davon nicht distanziert. Dass die Verpflichtung Krösches im Umfeld der Eintracht, wie auch im restlichen Vorstand um Marketingvorstand Axel Hellmann und Finanzvorstand Oliver Frankenbach, auf äußerst positive Resonanz stieß, zeigt, dass ihm auch dort die neue Rolle zugetraut wird. Auch in dieser Hinsicht hat Krösche seinem Vorgänger Bobic schon jetzt etwas voraus.

Benjamin Heinrich  
05.05.2021