Schwieriger Transfersommer

Diese 4 Herausforderungen muss Bobic meistern

Fredi Bobic ist seit 2016 Sportvorstand von Eintracht Frankfurt.
Fredi Bobic ist seit 2016 Sportvorstand von Eintracht Frankfurt. Foto: Getty Images

Fredi Bobic geht inzwischen in seine fünfte Saison als Sportvorstand von Eintracht Frankfurt. Die Herausforderungen werden nicht kleiner - im Gegenteil. Jetzt macht auch noch Trainer Adi Hütter mächtig Druck.

Aus Frankfurt berichtet fussball.news-Reporter Christopher Michel

Als Fredi Bobic die anwesend Journalisten Anfang Juli in die Sommerpause und somit in die "Saure-Gurken-Zeit" verabschiedete, war die anschließend auftretende Diskussion rund um Kevin Trapp bei Eintracht Frankfurt noch nicht absehbar. Auch das Gesicht des Klubs, ein Aushängeschild, galt nicht mehr als unverkäuflich. Der Sportvorstand hatte etwas von der Leine gelassen und die Hessen taten sich enorm schwer dabei, die Spekulationen wieder etwas zu ersticken. Es ist eine von vier Herausforderungen, die der Europameister von 1996 zu bewältigen hat.

Herausforderung 1: Richtige Kommunikation wählen

Wo ist eigentlich das viele Geld nach den Transfers von Sebastien Haller und Luka Jovic hin? Natürlich sind die Milchmädchenrechnungen mit 110 Millionen Euro fernab der Realität, schließlich musste ein nicht unerheblicher Teil an die Ex-Klubs FC Utrecht und Benfica Lissabon abgetreten werden. Und gerade bei Haller zeigt sich, wie schwer eine fehlende Zahlungsmoral vom neuen Klub West Ham United schmerzen kann. Und doch haben die Hessen vor der Sommerpause etwas zu laut geklagt und sich keinen Gefallen damit getan, alle Profis als durchaus verkäuflich zu markieren. Der neue Aufsichtsratschef Philipp Holzer etwa wählte einen ähnlichen Inhalt, verpackte diesen aber in andere Worte: "Wir müssen immer überlegen, dass wir uns in eine Situation gebracht haben, dass wir nicht um jeden Preis verkaufen müssen. Das ist auch wichtig." Freilich können die Frankfurter bei gewissen Summen nicht mehr nein sagen, die Abgabe von Top-Spielern gehört auch zum Konzept des gehobenen Ausbildungsvereins. Doch so offensiv wie Bobic über die finanziellen Verluste (Umsatzhalbierung) zu klagen, als treffe es in der Bundesliga ausschließlich die Eintracht? Hier täte dem Klub nach vier Halbfinale-Teilnahmen in vier Jahren, neuen Sponsorendeals und den Top-Transfereinnahmen der Vorsaison mehr Selbstvertrauen gut.

Herausforderung 2: Hütter nicht verprellen

Eigentlich schien die Vertragsverlängerung von Adi Hütter nur noch Formsache zu sein. Doch dem Coach kann und wird die aktuell gewählte Kommunikationsstrategie nicht gefallen. Der 50-Jährige äußerte sich bewusst so deutlich zur Causa Trapp, er stärkte dem Führungsspieler den Rücken. Auch die Preisschildvergabe von Ex-Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing war äußerst unglücklich und fahrlässig in der Außendarstellung. Für Hütter steht fest: Er will nicht wieder sein Gerüst verlieren. Der Trainer wird freilich einerseits einsehen, Spieler ab einer gewissen Schmerzgrenze abgeben zu müssen. Doch andererseits kann ihm die derzeitige öffentliche Vorgehensweise nicht zusagen. Berater Christian Sand wird in den kommenden Tagen anreisen, man müsse "die Köpfe noch einmal zusammenstecken". Sollte die angestrebte Verlängerung des 2021 auslaufenden Vertrags platzen, wäre die Unruhe beim Traditionsverein groß. Aber Hütter will Perspektive bei der Kaderplanung, einen erneuten Umbruch dringend vermeiden - besonders inmitten der Coronakrise, wo die Preise auch für Spitzenspieler purzeln und Ersatz nur schwer zu finden ist.

Herausforderung 3: Kamada-Vertrag verlängern

Vor zwölf Monaten stand Daichi Kamada kurz vor dem Abgang zum FC Genua. Mit dem Berater war alles besprochen, in den Planungen von Hütter spielte er keine Rolle - bis dem Trainer in der Vorbereitung auf dem Platz die große Klasse des Japaners auffiel! Er nahm ihn zur Seite, überzeugte den Offensivmann vom Verbleib und förderte ihn. In der Europa League traf Kamada vom ersten Tag an, in der Bundesliga folgten zwei Tore nach dem Re-Start. Der 23-Jährige hat damit seine Kritiker verstummen lassen, körperlich zugelegt und seinen Marktwert vervielfacht. 19 Scorerpunkte in 47 Pflichtspielen jedenfalls lesen sich ordentlich. Die Frankfurter verhandeln schon lange mit Kamada und zeigen sich weiterhin zuversichtlich, den 2021 auslaufenden Kontrakt bald schon zu verlängern. Doch Agent Roberto Tukada ist clever und gut vernetzt, er will für seine Spieler die bestmögliche Summe aushandeln. Wenn Hütter von seinen Leistungsträgern spricht, dann auch von Kamada. Ein Abgang des Nationalspielers passt da nicht in das Konzept.

Herausforderung 4: Kader verstärken trotz Coronakrise

Hütter wünscht sich einen Dribbler für die Außenbahnen, auch Bobic sprach davon, mehr Tempo in den Kader holen zu wollen. Doch dieser ist derzeit zu groß, am Mittwoch beim Trainingsauftakt erschienen 31 Profis. Hütter definierte die optimale Mannschaftsstärke einmal auf 25 Akteure. Neben Lucas Torro, dessen Abgang zu CA Osasuna kurz bevor steht, und Mijat Gacinovic, der mit der TSG Hoffenheim (Tausch gegen Steven Zuber) und Olympique Marseille in Verbindung gebracht wird, befinden sich auch Jetro Willems, Felix Wiedwald, Frederik Rönnow, Marijan Cavar und Erik Durm auf der Verkaufsliste. Rodrigo Zalazar, Dejan Joveljic oder Ragnar Ache könnten verliehen werden. Bevor neue Spieler kommen können, muss Bobic deshalb zunächst Platz schaffen - in einer Zeit, in der alle Teams und Manager sehr vorsichtig agieren. Es sind gewaltige Herausforderungen, die der Sportvorstand so mag und bewältigen muss.

Profile picture for user Christopher Michel
Christopher Michel  
02.08.2020