Beckenbauer feiert 75. Geburtstag

Als Beckenbauer die Allianz Arena in Rosenheim bauen lassen wollte

Franz Beckenbauer wird 75 Jahre alt.
Franz Beckenbauer wird 75 Jahre alt. Foto: Getty Images

Franz Beckenbauer ist als Spieler (1974) und Trainer (1990) mit Deutschland Weltmeister geworden. Mit dem FC Bayern hat er alle Titel abgeräumt, unter anderem gewann er als Profi drei Mal den Pokal der Landesmeister (1974 – 1976). Am Freitag feiert Beckenbauer seinen 75. Geburtstag. fussball.news-Chefredakteur Daniel Michel hat sich in seinem neuesten Buch mit legendären Anekdoten über den gebürtigen Münchner beschäftigt.

Exklusive Auszüge aus „Franz Beckenbauer: Kleine Anekdoten aus dem Leben einer großen Fußballikone“ veröffentlicht fussball.news nun mit freundlicher Genehmigung des riva-Verlags. Auch finden von Mittwoch bis Freitag Verlosungen dazu auf den Social-Media-Kanälen von fussball.news statt. Die heutige Anekdote dreht sich um den Bau der Allianz Arena. Beinahe wäre das neue Stadion des FC Bayern nicht in München errichtet worden...

„Die Allianz Arena in München-Fröttmaning gilt als eine der attraktivsten und modernsten Stadien in Europa. Seit 2005 trägt der FC Bayern im »Schlauchboot« seine Spiele aus – doch bis es zum Bau des Stadions kam, vergingen einige spannungsreiche Jahre. Eine Hauptrolle übernahm bei diesem Projekt Franz Beckenbauer als Präsident des FC Bayern und Chef des Bewerbungskomitees für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. 1972 war der FC Bayern vom Grünwalder Stadion in das Olympiastadion umgezogen. In den 1970er-Jahren galt das Stadion als eine sehr attraktive Spielstätte, doch im Laufe der Zeit genügte es nicht mehr modernsten Ansprüchen, sei es, weil rund die Hälfte der Zuschauer keinen überdachten Platz bei Regen besaß, sei es, weil der VIP-Bereich noch ausgedehnt werden musste, um höhere Einnahmen zu erzielen. Zudem galt die Leichtathletik-Laufbahn zwischen Rasen und Publikumsplätzen oftmals als »Stimmungskiller«.

Debatte um Neubau

Spätestens Anfang der 1990er-Jahre existierten intensive Diskussionen darüber, wie ein neues Stadion für den FC Bayern aussehen oder ob das Olympiastadion modernisiert werden könnte. Die Frage der Finanzierung, gesetzliche Hürden und eine schwierige politische Gemengelage erschwer-ten jedoch ambitionierte Planungen. Neuen Schwung in die Debatte brachte die Vergabe der WM 2006 an Deutschland. Das war im Juli 2000. München erhob den Anspruch, das Eröffnungsspiel der WM sowie einige weitere Gruppenspiele und Partien der K.-o.-Runde auszurichten. Während der Bewerbungsphase beim Weltverband FIFA gab der Deutsche Fußball-Bund zunächst an, dass es der Plan sei, das Olympiastadion in München umzubauen. Doch unter anderem die Regelungen des Denkmalschutzes erschwerten dieses Vorhaben. Anfang des Jahres 2001 war immer noch kei-ne Lösung für die Stadionfrage in München in Sicht, wohingegen andere deutsche WM-Ausrichtungsstädte bereits vor der Fertigstellung ihrer Stadien standen. Kurz bevor am 8. Februar 2001 erneut ein »Stadiongipfel« im Münchner Rathaus stattfinden sollte, holte Franz Beckenbauer zum verbalen Rundumschlag aus.

Kein Bayern-Stadion in Poing...

»Wir werden auf alle Fälle ein neues Stadion bauen«, forderte er. Und wenn die Stadt kein Gelände habe, wolle er es eben außerhalb bauen. »Aber nicht in Neubiberg, Poing oder sonst wo vor den Toren Münchens«, giftete Beckenbauer und begründete seine Worte: »Im Landkreis hat die Stadt ja auch viel mitzureden, und nach unseren Erfahrungen mit der Stadt ...«

Ein Journalist der Nachrichtenagentur Sport-Informationsdienst (sid) hakte nach: »Dann müssen sie das Stadion ja bei Augsburg, In-golstadt, Landshut oder Rosenheim bauen.« Beckenbauers trotzige Antwort: »So ist es.« Und er erklärte, dass die Fans ohnehin aus über 200 Kilometern Entfernung angereist kämen. »Denen ist es egal, wo das neue Stadion steht!«

Dann führte Beckenbauer seinen Ärger nochmals aus. Die Stadt begehe einen »Denkfehler«: »Die glauben, die klatschen ein Dach über die Gegengerade und damit kriegen sie die WM-Spiele.« Doch es würde nicht ausreichen, lediglich überdachte Sitzplätze zu haben, denn die FIFA würde bei der Vergabe nicht ausschließlich nach den Minimalanforderungen gehen, sondern sich auch den Rest anschauen. Und da gebe es in Deutschland so einige Arenen, »die mehr zu bieten haben als das Münchner Olympiastadion mit Komplettüberdachung«.

Zunächst 25 Optionen...

Beckenbauers Aussagen sorgten für Riesenwirbel, einen Tag später kam es zum besagten »Stadiongipfel«. Das Ergebnis: Statt 25 Optionen konnten sich die Beteiligten laut einem Bericht der Abendzeitung auf fünf mögliche Standortoptionen in München einigen. Danach ging es relativ schnell mit dem Projekt voran: Im Oktober 2001 votierten die Münchner in einem Bürgerentscheid mit 65,8 Prozent für den Bau der Arena in München-Fröttmaning. Im Oktober 2002 folgte die Grundsteinlegung – und im Sommer 2005 wurde die Arena eröffnet.

Des »Kaisers« Grollen hatte mal wieder allen Beteiligten die nötige Kraft verliehen, das Projekt umzusetzen, hieß es in der Nachbetrachtung. Und die Augsburger, Ingolstädter, Landshuter und Rosenheimer dürften bis heute gut damit leben können, dass der FC Bayern München seine Heimspiele bis auf Weiteres in der Allianz Arena in München austrägt."

Auszug aus dem Buch: „Franz Beckenbauer: Kleine Anekdoten aus dem Leben einer großen Fußballikone“; Verlag: riva; Seiten: 96; Preis: 7,99 Euro

Profile picture for user Daniel Michel
Daniel Michel  
11.09.2020