Im Interview

Eintracht-Stürmer Ache: "Wir halten wie eine Familie zusammen"

Ragnar Ache (r.) bei seinem Premierentreffer für die Eintracht mit Almamy Toure. Foto: Imago

Bei Olympia machte Ragnar Ache mit zwei Treffern für die deutsche Auswahl auf sich aufmerksam. Nun will sich der 23-Jährige auch bei Eintracht Frankfurt durchsetzen. Im exklusiven Interview mit fussball.news sprach der Offensivspieler über den Traum von der A-Nationalmannschaft, aber auch über sein Leben zwischen mehreren Kulturen.

Zehn Pflichtspiele mit nur 115 Einsatzminuten hat Ragnar Ache bislang seit seinem Wechsel im Sommer 2020 für Eintracht Frankfurt absolviert. Eine schwere Oberschenkelverletzung bremste den Angreifer in der vergangenen Saison lange aus, nachdem er nach elf Jahren aus den Niederlanden zurückgekehrt war in seine Geburtsstadt Frankfurt. In der laufenden Runde kam der Rechtsfuß bislang in jedem Bundesligaspiel zu einem Kurzeinsatz und hofft nun auf sein erstes Spiel von Beginn an. Im fussball.news-Interview sprach Ache über seine besondere Jugend, die Herausforderungen bei der Rückkehr nach Frankfurt, die Sehnsucht nach einem Anruf von Hansi Flick und über das letzte halbe Jahr, das für den Traditionsverein durchaus turbulent war und wie die Mannschaft dieses überstanden hat.

fussball.news: Herr Ache, Sie sind in Frankfurt geboren, lebten zwischen ihrem 11. und dem 22. Lebensjahr in den Niederlanden und Ihre Mutter stammt aus Ghana. Wie bereichernd war und ist für Sie diese multikulturelle Prägung?
 

Ragnar Ache: Der Umzug in die Niederlande war als Kind natürlich nicht einfach. Ich musste viel Englisch reden, weil viele Holländer Deutsch nicht ganz so gut verstehen. Dadurch spreche ich jetzt aber mit Holländisch, Englisch und Deutsch drei Sprachen ziemlich gut. Das hat mich in meinem Leben weitergebracht. Wobei mein Holländisch derzeit noch am besten ist. Mit Sam Lammers (Anm. d. Red.: Neuzugang von Atalanta Bergamo) haben wir jetzt bei der Eintracht zum Glück auch wieder einen Holländer, mit dem ich mich unterhalten kann. Wir verstehen uns super und haben durch unsere Zeit in der holländischen Liga einige gemeinsame Kumpels.
 

fussball.news: Im letzten Sommer folgte der Wechsel zurück nach Frankfurt, nachdem Sie einige Wochen vor der Bekanntgabe in einem Interview kurioserweise gesagt haben: „Ich würde mich sehr über einen Anruf von Herrn Bobic freuen“. Ein offenes Bekenntnis für einen Eintracht-Wechsel. Wie lief dieser anschließend ab?
 

Ache: Ich weiß nicht, ob die Verantwortlichen damals das Interview gelesen haben. (lacht) Ich habe mich damals voll auf Sparta Rotterdam fokussiert, habe dann aber auch in der Zeitung gelesen, dass die Eintracht interessiert ist. Mein Berater hat im Hintergrund Gespräche geführt. Auf einmal kam dann der Wechsel.
 

fussball.news: Zurück in der alten Heimat warteten sicher einige Herausforderungen auf einen 22-Jährigen. Welche waren die größten und wer hat Ihnen auf welche Weise geholfen, diese zu meistern?
 

Ache: Sportlich war es sehr schwierig, weil die Liga in den Niederlanden vorzeitig abgebrochen wurde und ich deshalb vor dem Wechsel drei, vier Monate keinen Fußball gespielt hatte. Außerdem habe ich in Holland fast nur auf Kunstrasen trainiert und auch viel gespielt. Das war dann hier in Frankfurt körperlich insgesamt sehr herausfordernd. Aber auch außerhalb des Platzes war es am Anfang anstrengend. Ich bin allein nach Frankfurt gekommen, habe vorher bei meinen Eltern gelebt und musste lernen, allein zu leben. Plötzlich musste ich alles selbst machen: Eine Wohnung suchen, Möbel kaufen, aber auch so grundlegende Dinge wie Kochen. Aber auch das habe ich geschafft, nicht zuletzt durch die Unterstützung der Mannschaft. Da haben alle geholfen.
 

fussball.news: Haben Sie sich in diesem Sommer denn auch Gedanken über eine Ausleihe gemacht, um mehr Spielpraxis zu sammeln, nachdem das erste Jahr aufgrund der Verletzungen ja auch durchaus schwierig war?
 

Ache: Nein, das war gar kein Thema. Weder bei mir noch bei den Verantwortlichen. Als ich letztes Jahr fit war, habe ich häufig gespielt. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass ich bei der Eintracht auch weiterhin meine Einsatzzeiten bekomme, wenn ich gesund bleibe und fleißig bin. Mit einem Wechsel habe ich mich deshalb zu keinem Zeitpunkt beschäftigt.
 

fussball.news: Wie sehen Sie die Offensive der Eintracht aktuell aufgestellt? Wo wollen Sie sich einbringen, wo sehen Sie Ihre Stärken?
 

Ache: Ich bin schnell, robust und kopfballstark. Damit will ich dem Team helfen. Gleichzeitig muss ich noch lernen, meinen Körper noch gezielter einzusetzen und die Arbeit mit dem Ball verbessern. Grundsätzlich sehe ich mich als klaren Mittelstürmer, den man sowohl hoch anspielen als auch in die Tiefe schicken kann.
 

fussball.news: In der vergangenen Saison hat die Eintracht die Champions League noch verpasst, einige Funktionäre sind im Sommer gegangen und auch das zurückliegende Transferfenster war durchaus spannend. Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Mannschaft?
 

Ache: Dass wir den großen Traum von der Champions League am Ende der letzten Saison noch aus der Hand gegeben haben, war natürlich richtig bitter. Bei allen Unruhen haben wir aber immer versucht, unser Ding durchzuziehen, als Team zusammenzuhalten, wie eine Familie. Das tun wir auch jetzt. Wer geht, der geht. Dafür kommen neue Spieler dazu, die wir versuchen, schnell zu integrieren.
 

fussball.news: In der Vergangenheit liefen Sie für die deutsche U21-Nationalmannschaft auf, zuletzt auch für die Olympia-Auswahl in Tokio. In der A-Nationalmannschaft klafft seit Jahren eine Lücke bei den Mittelstürmern. Wie groß sind Ihre Hoffnungen, dort in Zukunft eine Rolle spielen zu können?
 

Ache: Natürlich habe ich die deutsche A-Nationalmannschaft als Ziel im Hinterkopf. Aber jetzt gilt es erstmal, im Klub meine Leistung zu bringen. Da fängt es an und dann kommt der Rest. Ich könnte zwar vermutlich auch für Ghana spielen, aber darüber habe ich ehrlich gesagt noch nie nachgedacht. Mein Fokus liegt auf dem DFB-Team.
 

fussball.news: Zu guter Letzt: Was wäre aus Ihrer Sicht eine gute Saison für Sie persönlich und die Eintracht? Wie viele Scorerpunkte und welchen Tabellenplatz braucht es dafür?

Ache: Da man als Fußballprofi immer den Anspruch haben sollte, besser zu werden, sollte es schon das Ziel sein, einen weiteren Schritt nach vorne zu machen und uns weiterzuentwickeln. Bei den vielen Änderungen brauchen wir natürlich noch Zeit und müssen geduldig sein. Aber ich hoffe, dass wir wieder um die europäischen Plätze spielen werden. Ich selbst will viele Spiele machen und hoffe dabei auf einige Tore. Ich wünsche mir sehr, dass ich bald auch meinen ersten Startelfeinsatz bekomme. Aber das Wichtigste ist vor allem, dass ich gesund und fit bleibe.

Das Interview führte fussball.news-Reporter Benjamin Heinrich.

Benjamin Heinrich  
04.09.2021